Carla Chlebarov hat ihre Wurzeln in der informellen und gestischen Malerei. Bertl Zagst interessiert sich seit Jahren für intuitive Richtungswechsel seiner Ausformungen von Stahlblech. In einer
Doppelausstellung beim Pro Arte werden bis 6. Juni aktuelle Arbeiten beider Künstler auch in einer direkten Gegenüberstellung präsent.
Vegetative Empfindungsbilder
Das Ungestüme wilder Aktionsbilder der früheren Jahre, die auch aus dem abstrakten Expressionismus schöpfen, hat die an den Bodensee gezogene, auf Norderney geborene Assoziativ-Malerin hinter
sich gelassen. In der Galerie im Kornhauskeller beeindruckt Chlebarov, die aus der Kreativ-Kolonie der Münchner Domagk-Ateliers kommt, dennoch mit vegetativen Empfindungsbildern, die sich im
Großformat mit Jahreszeitenverflechtungen üppigen Farbklängen verschreiben. Pulsierende Farbenpracht (etwa im "Tango" von 2013) verwandelt sich im Kleinformat zu imposanter figurativer
Skizzenhaftigkeit, die einen spontanen Malprozess fast novellenhaft verfeinern.
Der 15 Jahre ältere Bertl Zagst hat seine rostpatinierten gefalteten Plastiken ausgeformt und in ein eigenwilliges Gleichgewicht gebracht. Zagsts Anliegen ist das individuelle Austarieren von
stützenden und lastenden Elementen. Aus dünnem Stahlblech sind, wie bei "Große Faltung" von 2013, massig wirkende Raumobjekte entstanden, die auf raumgreifenden Zickzack-Kurs gehen. Die
Haltbarkeitsspannungen von Labilität und Stabilität wirken wie Wegweiser durchs Portal der Zeitlosigkeit, das Einkehr und Umkehr ebenso mit einschließt wie Ausweglosigkeit.
Fotomontagen vom "Platz der Freiheit"
Gegensatzpaare vereint Zagst auch in seiner 2012 entstandenen kleinformatigen Fotoserie "Tahrir/transaction", wo Fotos aus dem Internet mit digitalisierten gemalten Bildern überblendet werden
sind und als gesellschaftliche Foto-Kunst-Montage zur Situation in Ägypten auf dem Kairoer "Platz der Freiheit" Stellung beziehen.
Roland Mayer, April 2013