Carla Chlebarov

Art-Statement

Über die Faszination auf dem Weg des Visuellen, das Wesen der Dinge zu erfassen, kam ich zeichnend zum Studium der Malerei. Ich habe an der Akademie der bildenden Künste München christliche Kunst, Gestaltung von Räumen, insbesondere Kulträumen, Malerei und Grafik bei Prof. F.B. Weißhaar studiert und war Meisterschülerin. Durch ein Stipendium des bayerischen Staatsministeriums wurde mir ein Studium der "gestischen Aktionsmalerei" an der internationalen Sommerakademie Salzburg bei Hermann Nitsch, dem ich später auch assistierte, finanziert. Diese zwei sehr verschiedenen Lehrer haben mich geprägt. Ich malte zehn Jahre lang informell, mit teilweisem Farbklang, und wollte die Menschen mit meinen Bildern unbedingt berühren. Aufgrund meiner zehnjährigen Arbeit in Actionpainting entwickelte sich die Erkenntnis, dass die Wirkung der puren Gestik zur Ohnmacht und Farbtrübung führte, bzw. zum Missverständnis: Wildheit gleich Freiheit.
Mein weiterer Weg bedurfte der Reinigung von Kopf und Farbe hin zur Liebe und Verantwortung. Das Mittel, um den Farben neu auf die Schliche zu kommen und zu sensibilisieren, ist das "Colorfield". Es zeigt den neuen Anspruch der Erkennung des Unterschiedes zwischen einer angestrichenen Fläche und einer meditativ sich mit der Farbe verbindeten gemalten Fläche. Jede Farbe hat ein eigenes Wesen, das heilen kann, oder auch verletzen kann.
Meine aktuelle Arbeit ist, die Bewegung der Aktionsmalerei mit der Sensibilisierung meines "Colorfields" zu verbinden. Übereinander oder nebeneinander. Hierbei interessieren mich insbesondere die Gegensätze, Ruhe und Bewegung, kalt und warm, hart und weich, zum Beispiel: Metall und Wachs. Einzelteile kommen durch den Gegensatz stärker zum Ausdruck.
Ich verwende vorzugsweise Techniken des Mittelalters und der Renaissance, da uns von damals die besten Farbresultate erhalten geblieben sind. Kreidegrund, Eitempera, Pigment und Öl sind lebendige schnell zu verarbeitende Mittel. Ich sehe dort auch eine Verbindung zur traditionellen Suppenküche. Sülze und Mayonnaise sind wie Hasenleim und Eitempera. Neu hinzugekommen sind Zinn, Gold, Wachs und andere Naturalien.
Seit meiner frühsten Kindheit habe ich eine Bewusstheit für meine Umgebung, und den Drang, sie zu gestalten. Außerdem gestaltet die Umgebung meine Arbeiten über Sinne und Gefühle mit. Für mich darf keine Bewegung ohne Intensität geschehen. Jede Spur ist sichtbar und spürbar. Beim Wiederfinden und Begreifen ist Neugierde auf die Substanzhaftigkeit der Farbe, ihr Geruch und die taktile Empfindung für mich entscheidend. Dieser Prozess öffnet die Freiheit neugierig zu spielen. Mit Bereitschaft, Offenheit und Glück wird manchmal übersinnliches sichtbar.

Carla Chlebarov, Juni 2006