Carla Chlebarov

One Thousand Colours

Plattform 3/3, Kunstfreitag Friedrichshafen 2019

... In Chlebarovs „Wolke sieben“ (2017) wird die pinke Leuchtfarbe als Teil eines ebenso expressiven wie explosiven Farbspektakels großzügig zum Einsatz gebracht. Die Arbeit ist im Grunde wie alle der hier Ausgestellten neueren Datums, transportiert aber etwas vom Rauschhaften deutlich früherer Gestaltungen: Die Farbschüttungen und die impulsive Pinselsprache verraten die Action-Painterin, die bei Hermann Nitsch in die Lehre gegangen ist. Zugleich lässt das Bild aber auch das Studium klassischer Malerei erkennen: Nach unten hin löst sich der Farbsturm auf und der Blick wird frei gegeben auf die Grundierung, die – nach altmeisterlicher Manier – in mehreren Lagen neutralen Grüns besteht...
So empfängt Chlebarov den Besucher gleich eingangs mit einem krachenden Farbakkord: In „Playworld“ (2019) erscheint das besagte leuchtende Pink bildbeherrschend in Szene gesetzt. Auf den ersten Blick herrscht anarchisches Chaos, auf den zweiten gibt sich ein komplexes Beziehungsgeflecht aus vielen einzelnen Elementen zu erkennen, aus deren Mitte grell und prall amorphe pinke Farbblasen emporsteigen. Schnipsel von Grün und grafische Akzente in Form schroffer schwarzer Kritzelspuren, die sich als Komplementär zu den rosa Bubbles gesellen, bannen die Gefahr einer „Playworld“ als Marshmallow-Barbie-Land...
„Frei nach M.“ – das erste Bild in der Ausstellung zeugt von Chlebarovs besonderer „Neugierde auf die Substanzhaftigkeit der Farbe“, wie sie selbst es nennt. Farbe wird hier in ihrer physischen Materialität gewürdigt, pastos aufgetragen, flüssig vermalt, geritzt – was Chlebarov mit dem Maler Michael Toenges verbindet, auf den sich der Titel des Werks bezieht...
Die Bandbreite von Chlebarovs künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten umfasst die fliegende Dynamik flüchtiger Farbformen – wie in „Landscape“ zu erleben, aus dem die schwebenden Fetzen von Lila jederzeit entschwinden könnten. Sie kennt das feste Formgefüge – wie im benachbarten „Komposit“ – und die neo-impressionistisch hingetupfte Augenweide – wie in „Strauß“...
Nicht zuletzt wäre da auch noch das Schwarz-Weiß der Monotypien, die regelrecht als Kontrastprogramm zur buntfarbigen Malerei erscheinen. Der von Geschwindigkeit und Spontaneität geprägte Herstellungsprozess ist in hohem Maße ergebnisoffen und kommt darin dem Bedürfnis der Künstlerin entgegen, im eigenen Tun immer wieder aufs Neue überrascht zu werden...

Auszug aus der Eröffnungsrede von Barbara Reil zur Vernissage am 8. März 2019